„Alle 3 Stunden“, „Viele kleine Mahlzeiten“, „Eine regelmäßige Nährstoffzufuhr“. Die sind alles pauschale Antworten welche oft auf die Frage hin „Wie oft am Tag sollte ich essen“ gegeben werden.
Eine ständige Nährstoffzufuhr ist der panischen Angst vor dem Katabolismus im Kraftsport geschuldet.
Meinem Empfinden nach wird dies in der Mehrheit mit dem Argument begründet, den Körper so kontinuierlich mit Nährstoffen zu versorgen. Da dem Körper kontinuierlich Nährstoffe zugeführt werden ist dieser in der Lage sich stets zu regenerieren und Leistung zu bringen, so die Argumentationskette. Ich habe ebenfalls den Eindruck, dass diese Argumentationskette sehr stark dem Kraftsport geschuldet ist. Kaum irgendwo sonst existiert eine solch panische Angst vor dem ‚Katabolismus‘ wie im Kraftsport.
Zur Begriffsklärung: Unter dem Katabolismus versteht man alle im Körper stattfindenden abbauende Prozesse. Dabei wird jedoch nicht in zellabbauende (damit meine ich den Muskelabbau) oder nährstoffabbauende Prozesse (damit meine ich den Fettabbau) unterschieden. Der Katabolismus ist ein stark allgemein gehaltener Begriff und bildet den Gegenpart zum Anabolismus. Entgegen der Behauptung der Katabolismus sei schlecht, bin ich in gewissen Maßen ein Freund des Katabolismus und setze diesen sehr gerne gezielt ein.
Die Verteufelung des Katabolismus wird der Bedeutung des Katabolismus selbst nicht gerecht.
Die negative Behaftung des Begriffs Katabolismus wird seiner Bedeutung nicht gerecht. Entgegen vieler Behauptungen stellt er einen wesentlichen Bestandteil der Verbesserung der Körperzusammensetzung (der Reduzierung des Körperfettanteils) dar. Ich setze noch einen drauf: In einer Diät mit dem Ziel den Körperfettanteil zu reduzieren ist es mein Ziel, den Körper in einen Zustand des Katabolismus zu bringen – ist doch auch ganz logisch… denn wie aufgezeigt beinhaltet der Begriff Katabolismus auch die fettabbauenden Prozesse.
Mit der richtigen Makronährstoffzusammensetzung kann der Körper in einen katabolen Zustand versetzt oder dort gehalten werden.
Darauf aufbauend ist eigentlich die Frage der Mahlzeitenfrequenz bereits beantwortet, denn eines der weit verbreiteten Argumente ist, den Körper aus dem katabolen Zustand zu bringen. Aber auch bei dieser Aussage ist Vorsicht geboten, denn mit der entsprechenden Makronährstoffzusammensetzung lässt sich der Körper in einen katabolen Zustand versetzen oder dort halten. Das hängt damit zusammen, dass der Körper auf die Zufuhr von Eiweiß mit der Ausschüttung von Glukagon reagiert und dieses Hormon wiederum für die katabolen Prozesse verantwortlich ist. Mehr dazu aber zu einem anderen Zeitpunkt, heute sind wir beim Thema der Mahlzeitenfrequenz.
Ich beleuchte die Aussage „alle 3 Stunden“ einmal aus einem anderen Blick. Wenn der Körper binnen kürzester Zeit Nahrungsentzug in den katabolen Zustand verfällt und anfängt seine Muskulatur aufzufressen, wie kann es dann sein, dass unsere Vorfahren insbesondere die kalte Jahreszeit überlebt haben? Sicherlich, der Altersdurchschnitt war zu diesen Tagen nicht sonderlich hoch und dies wird gerne mit der Nahrungsverfügbarkeit in Verbindung gebracht. Mag sein, ich will es auch gar nicht abstreiten. Viel mehr weise ich darauf hin, dass unsere Vorfahren in der Lage waren trotz Nahrungsmangel zu überleben. Würde die Angst dem Katabolismus gegenüber also berechtigt sein, wie kommt es dann dazu, dass wir noch existieren?
Intermittent Fasting zeigt uns, dass es keinen Unterschied macht, ob viele kleine oder weniger große Mahlzeiten gegessen werden.
In diesem Zusammenhang hat das Intermittent Fasting (IF) meine Aufmerksamkeit erweckt. Klar, ich war auch lange Zeit Verfechter von vielen kleinen Mahlzeiten, eben bis ich das Fastenprinzip ausprobiert habe und festgestellt habe, dass es keinen Unterschied macht. Allerdings habe ich IF eigentlich nur aus Bequemlichkeit ausprobiert. Ich war es leid mehrere Male am Tag Zeit fürs Essen zu investieren oder in der Küche zu stehen. Allein durch die viele Arbeit kann bzw. will ich es mir nicht leisten ‚unnötige‘ Zeit zu verschwenden. An dieser Stelle nehme ich immer ganz gerne Bezug zum Wettkampf-Bodybuilding. Warum? Der Wettkampf-BBler versucht über eine Zeit X den Körperfettanteil zu reduzieren und dabei möglichst viel Muskulatur zu erhalten. Gerade in diesem Zusammenhang wird oft darauf gepocht viele kleine Mahlzeiten über den Tag verteilt zu sich zu nehmen, da sonst der böse Katabolismus kommt. Ich habe mich auf meine bisher erfolgreichste Wettkampfsaison nach dem Prinzip des IF ernährt. Nun stelle ich allen Skeptikern die Frage: Wenn doch der böse Katabolismus kommt, wie kann es sein, dass ich – trotz 16 Stunden Fasten – keinen nennenswerten Verlust erlitten habe? Ich betone ganz deutlich: Nur weil ich das Beispiel Wettkampfbodybuilding einwerfe, heist das nicht, dass es für den Ottonormalverbrauche nicht auf Bedeutung hat. Eine Diät ist eine Diät und eine Diät in Vorbereitung auf einen Wettkampf ist keine mythische Besonderheit oder Einzigartigkeit sondern eine gesunde und ausgewogene Ernährung mit einem Kaloriendefizit wie sie jeder verfolgen sollte, der Gewicht reduzieren möchte.
Entscheidend ist nicht die Frage der Anzahl der Mahlzeiten und die Mahlzeitenfrequenz sondern die Frage der Kalorienbilanz.
Das nicht so geheime Geheimnis liegt in der Gesamttagesbilanz. Wird mehr gegessen als verbraucht wird, so nimmt der Körperfettanteil zu und wird weniger gegessen als gebraucht wird, so nimmt der Körperfettanteil ab. Die Frage der Mahlzeitenfrequenz sollte nun keine Frage mehr darstellen, denn es ist schlichtweg egal, wohingegen viel mehr Wert auf das Nährstofftiming sowie eine Regelmäßigkeit gelegt werden sollte. Auch ein immer wiederkehrendes 16 stündiges Fastenfenster sowie ein 8 stündiges Essensfenster zu den möglichst gleichen Zeiten stellt eine Regelmäßigkeit dar!
Viele kleine Mahlzeiten sind nicht immer Lifestyle-tauglich – weil das eigene Berufsleben diesen Lifestyle verhindert!
Nachdem nun klar geworden ist, dass ich nicht viel Wert auf die Mahlzeitenfrequenz lege, sondern die Regelmäßigkeit als wichtiger erachte möchte ich ein wenig ausschweifen. Ich nehme einen Manager eines mittelständigen Unternehmens oder zur besseren Verdeutlichung den Chef eines kleinen Handwerkerunternehmens. Jeder der im Handwerk oder der Dienstleistungsbranche tätig ist, weiß wie stressig die Arbeit sein kann, insbesondere dann, wenn sehr viel Kundenkontakt besteht. Der Beruf ‚verbietet‘ es einem förmlich viele kleine Mahlzeiten zu sich zu führen. Mit dem Gedanken „Ich muss jetzt essen, damit ich meine Ziele erreiche“ entsteht ein psychischer Stress. Nun kann es durchaus sein, dass alle anderen Rahmenbedingungen erfüllt werden, außer die psychische Komponente, denn auch psychischer Stress kann sich negativ auf die Zielerreichung auswirken. Das Wissen um IF ermöglicht es auch diesen Personengruppen im Kraftsport verfolgte Ziele zu erreichen. Darüber hinaus bieten wenige größere Mahlzeiten den Vorteil der sozialen Verträglichkeit. Machen wir uns nichts vor, jemand der beim Geschäftsmeeting nichts isst oder alle 2-3h eine 15-Minütige Pause macht um etwas zu essen wird schief angeschaut und auf lange Sicht KANN das sogar bis hin zu zwischenmenschlichen Spannungen im Arbeits- aber auch im privaten Umfeld führen.
Damit sage ich nicht, dass viele kleine Mahlzeiten der verkehrte Weg ist. Ich zeige lediglich den ‚hilflosen‘ auf, dass es auch einen anderen Weg gibt um das Ziel zu erreichen und die Wahl des Weges eine individuelle Entscheidung ist und in Abhängigkeit des eigenen Wohlbefinden sowie mit der Vereinbarkeit der eigenen Umstände zu fällen ist.
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