Im ersten Teil der Artikelreihe haben wir vor allem die Mentalität CrossFit betrachtet. Dabei habe ich festgehalten, dass es um deutlich mehr geht, als nur den Wettkampf. Ich habe angedeutet, dass wir die Begrifflichkeit CrossFit differenziert betrachten müssen. Im Folgenden gehe ich auf einige weitere Aspekte ein, warum es zu dieser differenzierten Betrachtung kommen muss. Außerdem ist noch die Frage offen, ob es sich dabei tatsächlich um einen Mode-Gag handelt.
Einer der Hauptkritikpunkte der ‚Anti-Bewegung‘ ist die mangelnde Qualität der Übungsausführung. Es steht außer Frage, dass das auf schlecht ausgebildete Coaches zurückzuführen ist. Das allein ist nicht die Ursache. Ich bin der Überzeugung, dass auch kompetente Trainer die Mentalität verkennen und nur noch den Competition-Gedanken leben. Dieser Gedanke verleitet Sie dazu bei ihren Schützlinge die Reps zu Lasten der Technik zu pushen.
Theoretisch gute Arbeit. Trotzdem: Quantität steht im Widerspruch zur Qualität.
Das kann man vielleicht nicht allein dem Unternehmen CrossFit zuschreiben. Ich bin mittlerweile der Meinung, dass das Level-1 Cert (im Prinzip eine Art CrossFit Trainerschein), was die theoretische Vermittlung der Mentalität betrifft, eine gute Arbeit leistet.
Das Problem ist viel mehr, dass zu diesem Cert (Zertifikat) jeder zugelassen wird, jeder daran teilnehmen kann und mit der Aneignung theoretischen Wissens auch jeder den Test besteht. Zwar werden viele Bewegungsmuster gezeigt und beigebracht
Die Grundlegenden Bewegungsmuster werden als die 9-foundational movements definiert. Sie setzen sich zusammen aus: Press, Push Press, Jerk, Squat, Frontsquat, Overheadsquat, Deadlift, Sumodeadlift-Highpull und Medball-Clean
doch ist auch klar, dass ein unerfahrener Teilnehmer in nur 2 Tagen nur bedingt das Wissen und Verständnis verinnerlicht. Gerade in Bezug auf Sport und körperliche Bewegung ist es meiner Meinung nach notwendig selbst Sportler zu sein. Es ist notwendig seinen Körper über einen Zeitraum hin weg mit verschiedenen Belastungen und Bewegung zu konfrontieren. Oftmals fällt das leider weg.
Der wirtschaftliche Aspekt fokussiert die Quantität.
Natürlich können wir nun die Kritik aufbringen, dass CrossFit-HQ hier umzudenken hat und die Hürden größer sein müssen. Ich selbst sage dazu Ja und Nein. Das ist ein klassisches Beispiel des Interessenkonfliktes. CrossFit als Unternehmen ist noch immer ein Unternehmen, welches Profit machen möchte. Dort stehen die betriebswirtschaftlichen Interessen noch vor den Interessen der „Sportart“ selbst. Im eigentlichen ‚Geiste‘ der Ausbilder, der Verantwortlichen bei CrossFit-HQ besteht sicherlich noch immer ein großes Interesse an der Qualität ihrer Coaches. Doch – so scheint es – ist das Konzept bisher darauf ausgerichtet gewesen möglichst wenig Input (gemessen an der Dauer der Ausbildung NICHT an den Inhalten) und einen möglichst großen Output zu generieren (möglichst viele Teilnehmer).
Dabei ist es schwierig die Wage der Qualität zu halten. Das ist ein extrem schmaler Grat und ich bin mir bis heute nicht mal sicher ob es möglich ist diesen Grat überhaupt zu begehen. Nichts desto trotz muss sich die CrossFit-Bewegung, müssen wir als Coaches, Athleten und jene die mit Herzblut die Mentalität teilen, mit dieser Kritik, dieser Realität auseinander setzen und immer wieder zeigen das der Kern ein ganz anderer ist als es die Oberfläche zu zeigen vermag.
Hey, mal so ganz nebenbei eine Frage in die Runde der ‚anderen‘ Sportler unter uns. Kommt euch diese Tatsache nicht irgendwie bekannt vor? Vorurteilhaftes Denken. Bedingte Auseinandersetzung mit den Personen selbst. Schubladendenken. Insbesondere in Randsportarten. – Ich lass das mal so stehen.
Ist CrossFit nur ein Mode-Gag?
Nach der Unterscheidung CrossFit und CrossFit will ich zum eigentlichen Punkt zurückkommen: Dem Mode-Gag?! Ich nehme eine kurze Antwort vorne Weg. Das am Ende des letzten Abschnittes aufgezeigte stellt genug Gründe dar, warum CrossFit KEIN Mode-Gag ist und bestehen bleiben wird.
Doch gibt es noch weitere Gründe warum dieser Mode-Gag ein ganz schön hartnäckiger ist, nicht verschwinden wird und der Begriff Mode-Gag dem ganzen alles andere als gerecht wird. Dabei heißt das Stichwort Interessen. Ob wir dafür oder dagegen sind. CrossFit hat partiell positive Einflüsse auf das Vereinswesen und die Industrie. Gerade für die Industrie ist CrossFit durchaus wichtig geworden.
Das Vereinswesen profitiert vor allem wegen der größeren Aufmerksamkeit.
Das Vereinswesen in Deutschland hat zu kämpfen. Zumindest höre ich das immer mal wieder. Vor allem die an den „Rand gedrängten“ Sportarten freuen sich über jede Aufmerksamkeit, die sie erhalten. Vor allem der Bereich der Gewichtheber profitiert dadurch. Sicherlich werden nicht gleich alle CrossFitter in einen Gewichtheber-Verein eintreten. Doch durch den Sport selbst gewinnt das olympische Gewichtheben Aufmerksamkeit. Sei es abschließend nur jeder 5te oder jeder 10te der einem Verein beitritt, so hat die CrossFit-Bewegung einen Beitrag zum Erhalt des Vereinswesen geleistet.
Die Industrie – CrossFit-spezifische Produkte kurbeln den Markt an.
Zukunftsorientierte Unternehmen haben den Trend erkannt und ein Marketingkonzept aufgebaut, welches genau die Zielgruppe „CrossFitter“ anspricht. Sei es Reebok mit der „‚CrossFit‘-Linie“ oder aber Unternehmen wie Pure Pharma, Xendurance und andere Nahrungsergänzungshersteller. Ironisch, wenn man sich überlegt, dass sie im Grunde nichts anderes herstellen als die in der Kraftsportszene, vor allem im Bodybuilding bekannten Unternehmen Weider, Allstars, Ultiamte oder die hauseigenen Produkte von ESN. Eine praxishafte Lehrstunde welche entscheidende Rolle Productplacement, Marketing und der Aufbau einer Zielgruppe spielt.
Auch die Hersteller von Sportequipment bekommen ihren Teil des Kuchens ab. Ich lehne mich so weit aus dem Fenster und behaupte, dass es in Deutschland kaum noch einen wirtschaftlich orientierten Absatzmarkt gibt, wie er mittlerweile durch die CrossFit-Bewegung entstanden ist – in Bezug auf freie Gewichte aber auch Strongmen-spezifisches Equipment. Natürlich gibt es noch immer die ‚Spezialisten‘ Gewichtheber und Strongmen. Sie wird es weiter geben und auch sie haben Bedarf an Equipment.
Doch geht mal in ein Unternehmen mit 1000 Angestellten. Geht dort durch die Reihen und fragt einmal durch wer denn alles in einem Gewichtheberverein ist und aktiv Gewichtheben oder sogar Strongman betreibt. Keine Frage: Das sind alles sehr geile Sportarten doch sprechen diese Sportarten eine große Breite an? Leider nicht. CrossFit hingegen tut dies – mit Sicherheit auch durch die starken wirtschaftlichen Interessen von CrossFit-HQ. Das erzeugt einen nicht unerheblichen Absatzmarkt. Da steckt Geld drin. Es ist also nicht nur CrossFit-HQ dass des eigenen Bestehens wegen Interesse daran hat, das sich CrossFit mehr als nur etabliert. Auch verschiedene Industrie-Branchen werden vieles daran setzen, diesen Absatzmarkt aufrecht zu erhalten.
Proved: CrossFit ist nicht nur ein Mode-Gag.
Für mich ist klar. CrossFit ist nicht nur ein Mode-Gag. Ich bin mir zwar bewusst, dass nur die Minderheit das Verständnis für die Mentalität aufbringen wird oder bereits aufbringt. Diese Minderheit innerhalb der Szene wird immer mit Vorurteilen konfrontiert werden. Das jedoch ist eine ‚Krankheit‘ unserer Gesellschaft, dass die eigentliche Mentalität – egal um was es sich handelt – irgendwann den ‚Bach‘ runter geht. Es liegt einfach in der Sache des Wandels. Wie einige Zeilen zuvor angedeutet, sind dies ähnliche ‚Herausforderungen‘ denen sich durchaus auch andere Sportarten stellen müssen.
Neben der Mentalität habe ich aufgezeigt, dass mit dieser Bewegung vor allem die Interessen verschiedener Branchen und Parteien verbunden sind. Deshalb wird allein aus betriebswirtschaftlicher Sicht – unabhängig der Sportart, der Mentalität und was noch alles – genug getan, dass dieser „Mode-Gag“ aufrechterhalten bleibt. Dafür sorgen die Regeln der freien Marktwirtschaft, des Kapitalismus und des Geldes.